Nicht nur in Weiden und im Stiftland herrschte Flugbegeisterung. Beruflich bedingt flogen junge Tirschenreuther Männer auch anderswo. So zum Beispiel Alfred Mehler. Er absolvierte seinen ersten Alleinflug am 17. Mai 1955 in Bad Hersfeld auf einem Grunau Baby. Zurück in der Heimat, trat er im Mai 1958 unverzüglich in den SFC ein.
Bei all der Freude über die wiedergewonnene Freiheit, fliegen zu dürfen, war man trotzdem nicht ganz glücklich. Ein eigener Platz in Tirschenreuth, wurde mit allen Mitteln angestrebt.
Durch das große Entgegenkommen der Stadtverwaltung und des Herrn Rektor Effenkammer erhielten wir den alten Turnsaal in der Luitpoldschule als Unterstellraum für die "MÜ" und konnten dort auch die notwendigen Überholungsarbeiten vornehmen. Am 8. April 1956 wurde der Bergfalke I durch den Bauprüfer geprüft und in Ordnung befunden. Leider ereignete sich am selben Tag in Dortmund ein Unfall mit einer Maschine gleichen Typs (ein Problem an der Holmbrücke), so dass das ganze Muster gesperrt wurde. Wieder musste die Maschine nach Burglengenfeld zur Prüfung. Sie war in Ordnung und nach der Zulassung des Musters durch das Verkehrsministerium begann unverzüglich der Flugbetrieb.
Am Tag der Wiederaufnahme des Flugbetriebs in Weiden fuhr Willi Venzl nach Greding, einer der ersten bayerischen Segelflugschulen nach dem Krieg, um vom 19.Juli bis zum 29. Juli 1955 die B-Prüfung abzulegen. Die Schulung erfolgte auf dem Doppelraab mit dem Kennzeichen D - 1044.
Im August 1956 erhielt Kamerad Robert Lochner durch eine erfolgreiche Prüfung bei der Akaflieg München in Prien/Chiemsee den Luftfahrerschein Klasse II für Doppelsitzer und damit die Berechtigung auch Passagieren unsere schöne Heimat aus der Luft zu zeigen. Was er auch unmittelbar tat.
1956 wurde das Fluggelände in Mallersricht dem Weidener Verein durch die Amerikaner entzogen und an die rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben. Damit endete auch die Fluggemeinschaft. Umso glücklicher war man, als nach langwierigen, zähen Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern und dem damaligen Bezirksfluglehrer Geitner, 1957 endlich eine Durchfahrtgenehmigung durch die Grundstücke des heutigen Segelfluggeländes „Im unteren Stadtteich" erreicht werden konnte. Zwischenzeitlich begann in der Autowerkstätte von Oskar Hiltner der Bau einer Pfeiffer- Startwinde. Besonderer Dank ist hierfür den Kameraden Hiltner, Grundler, Prucker und Pichl während der Jahreshauptversammlung 1957 durch den 1. Vorsitzenden entgegengebracht worden. Als Motor diente ein gut erhaltener Cadillac V 8 mit 160 PS, welcher aber beim Probelauf im Werk Schmelitz mit Getöse zerriß. Ein neuer, gebrauchter Motor musste her. Die Verkleidung der Winde wurde in der Spenglerei Schneider in Tirschenreuth gefertigt. Die Finanzierung konnte nur durch bereits zugesagte Darlehen, deren Rückzahlung aber durch erneute Sonderzahlungen der Mitglieder, bereits gesichert war, vorgenommen werden.
Diese Winde diente dem Verein bis 1981 und steht heute im Deutschen Museum, Abteilung Luftfahrt, in der Außenstelle Oberschleißheim. Unzählige Starts wurden mit ihr im "Unteren Stadtteich" gemacht.
"Windenfahrer vom Dienst" Richard Pabst auf seinem geliebtem Schmuckstück - der Seilwinde. Standort: Semmelberg links im Bild: Schels Rudl
Unter der Leitung des ständig aktiven und unermüdlichen Jugendwarts und Holzfachmanns Albert Schenkl ging zwischenzeitlich auch wieder eine Modellbaugruppe wöchentlich jeden Dienstag ans Werk. 12 Buben haben sich daran beteiligt. Der Technische Leiter Michael Häring trat zurück und Richard Pabst wurde sein Nachfolger.
Einige Tage vor dem ersten Start in Tirschenreuth, es war der 2. Juni 1957, erwarben Richard Pabst und Willi Venzl den Startwindenfahrerschein auf Burg Feuerstein, einer Einrichtung der kath. Jugend Bamberg. Kamerad Karl Schöner aus Waldsassen hatte die Doppelsitzer-Schulberechtigung erworben und stand damit dem SFC als Fluglehrer zur Verfügung. Fluglehrerassistent wurde Willi Venzl. Als Rückholfahrzeug wurde eine ausgediente Beiwagenmaschine, Zündapp KS 600, genannt "Der grüne Elephant", erworben.
von rechts nach links: Erwin Prucker, Erwin Grundler, Karl Ziegler und Postler Ludwig
Alle waren bereit. Das zeitraubende und aufwendige Fahren nach Weiden hatte ein Ende gefunden. Mit überschäumender Begeisterung, barfuß oder in Gummistiefeln wurde das Startseil durch den Sumpf in der Seilauslegestrecke gezogen. Der Platz war nämlich noch in einem jämmerlichen Zustand und nur etwa zwei Drittel der Strecke konnten mit der Beiwagenmaschine befahren werden.
2. Juni 1957 - erster Start im"Unteren Stadtteich"
Mit Kind und Kegel waren sie damals Wochenende für Wochenende auf dem Flugplatz. Es gab keine Sitzmöglichkeit, keinen Ort zum Unterstellen. Bei Regen dienten die Tragflächen der Maschine als Schutz.
Der einzige feste Sitzplatz gehörte dem passionierten Startschreiber Martin Hellmich. Die Aufnahme ist aus dem Jahre 1959.
Doch alle waren zufrieden und glücklich. Vor jedem Flugbetrieb mußte die gute, treue Mü erst aufgerüstet werden. Untergestellt war sie, wie die Startwinde, in einer Halle im Werk Schmelitz. Richard Pabst brachte die Winde durch LKW gezogen zum Platz und baute sie auf. Der "Boss" zog mit seinem Auto die "Mü" zum Flugplatz. Am Abend wurde dann wieder alles abgebaut und zurück in die Schmelitz verbracht.
Das Familienleben kam damals manchmal durcheinander. Fast alle waren jung verheiratet und nicht immer waren die Ehefrauen mit dem "Fliegerwochenende" einverstanden. Beruflich war man ebenfalls angespannt und trachtete nach einem Vorankommen. Trotzdem wurde jedes Wochenende geflogen. Von Früh bis Spät.
von rechts nach links: Walter Würl, Paul Meierl, Franz Lauterbach, Ludwig Postler, Pilot Max Hahn, Erwin Grundler, Erwin Prucker auf Beiwagenmaschine, Anni Riedl und Kamerad Kraus.
Die alten Hasen flogen wieder allein, ohne Lehrer, und schon reifte ein neuer Gedanke. Ein Einsitzer wäre jetzt schön.
Am 24. November 1957 absolvierte Willi Venzl die Fluglehrerprüfung in Cham/Bayerischer Wald. Die verantwortlichen Prüfer waren Gerd Müller, Bezirksfluglehrer Geitner und Franz Medicus. Es wurden 5 Starts auf Mü 13 E, D - 1301, geflogen.